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Das Pochen am Fenster

Einmal in jungen Jahren hatte der Baalschem am einem Freitag noch nichts in seinem Haus, den Sabbat zu rüsten, keinen Brocken und keinen Heller. Da pochte er am frühen Morgen leis ans Fenster eines wohlhabenden Mannes, sprach: „Es gibt einen, der hat nichts für den Sabbat“, und ging sogleich seines Wegs. Der Mann, der den Baalschem nicht kannte, lief ihm nach und fragte: „Wenn Ihr einer Hilfe benötigt, warum rennt Ihr davon?“ „Wir wissen aus der Gemara“, antwortete der Baalschem lachend, „dass mit jedem Menschen sein Auskommen zur Welt kommt. Nun muss man freilich, je mehr man seine Sündenlast spürt, so viel mehr sich darum mühn, dass der Unterhalt, der für einen da ist, auch zu einem komme. An diesem Morgen aber habe ich es nur noch leicht meinen Schulter aufliegen gefühlt. Immerhin, so viel bleibt ja immer übrig, dass man noch ein weniges tun muss. Und das habe ich eben getan“

aus Martin Buber: Die Erzählungen der Chassidim, S. 124
Manesse Verlag, gebunden, 848 Seiten, Eur 26,90
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* Gemara ist ein Teil des Talmuds