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Das menschliche Apostroph (c) plink | photocase.de Der Haltlose Sohn

Lukas hat ein einziges Wort übrig, um das Verhalten des Verlorenen Sohnes tiefer zu beleuchten. Die Übersetzer sind sich darin einig, dass Lukas diesen Sohn bewerten und abwerten wollte als einen, der sein Erbe in verschwenderischer Weise verprasst, bis nichts mehr davon übrig bleibt. Doch wollte Lukas dessen Leben wirklich moralisch bewerten oder wollte er, wenn auch nur in einem einzigen Wort, sein Motiv andeuten? Wenn dies so ist, dann ist es besser diese Stelle neu zu übersetzen: „und er brachte sein Erbteil durch in Haltlosigkeit“

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Haltlos. Haltlos ist der Mensch, der seinen Halt verloren hat und der deswegen in die Tiefe stürzt. Es ist ein Mensch, der nicht mehr zu retten ist1. Besser man geht einem solchen Menschen aus dem Weg, denn nach einem fallenden Messer soll man nicht greifen: Er könnte mich, er könnte uns alle mit in die Tiefe reißen. Haltlos ist ein Mensch, der alle seine Hoffnung verloren hat2. Er sieht keinen Weg mehr, das zu erreichen, was er liebt – und gibt sich auf. Ein haltloser Mensch ist ein Mensch in verzweifelter Lage3. Mein Vater war so ein haltloser Mensch. Er hat einfach getrunken und getrunken, bis er starb. Was er suchte, konnte er nicht mehr finden. Er verzweifelte am Leben. Und weil ein haltloser Mensch haltlos wird, kann er nicht mehr festhalten, was zu ihm gehört. Er verliert es, weil er es nicht mehr halten kann. Er verliert SICH in Dinge, die ihm doch keinen Halt geben können: Alkohol. Glücksspiel. Andere sinnlose Dinge4. Ein haltloser Mensch ist kein freier Mensch mehr. Er ist ein getriebener5, ein fallender Mensch, der auf sein Ende zusteuert.

Was sehen wir, wenn wir einen haltlosen Menschen sehen? Wir sehen einen Menschen, der sein Leben verschwendet. Wir sehen einen Menschen, der sein Leben nicht mehr halten und erhalten kann. Wir verstehen ihn nicht: “Warum tut er das?” oder besser gesagt: “Warum tut er nichts?” Warum lebt er sein Leben so, dass es ein offensichtlich böses Ende nehmen muss?6 Wir sehen einen Menschen, der das verschwendet7, was er hat. Wieder verstehen wir ihn nicht: “Warum geht er mit seinem Geld nicht sinnvoll um? Er hat doch alles, was er braucht. Wieso verprasst er es mit Alkohol und Glücksspiel?”

“Verprassen” – das ist das eine Wort, das wir nur noch über diesen Menschen sehen. Das ist das eine Wort, das von ihm übrig bleibt. Es ist das einzige Wort, das vom Verlorenen Sohn übriggeblieben ist: “und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen.”8 Wir sehen nur noch sein sinnloses, selbstzerstörerisches Leben vor Augen. Wir sehen nicht seine Schmerzen, seine Verletzungen. Wir sehen in ihm nicht mehr das Kind, das verlassen, stehen gelassen worden ist9.

Haltlos. Verzweifelt. Sein Leben und das seine nicht halten können. Verlassen und stehen gelassen worden sein. All das könnten wir sehen, wenn wir diesen Menschen wirklich anschauen wollten. Das alles könnten wir sehen, wenn wir unser Urteil nicht im Vornherein über diesen Menschen getroffen hätten. Alle diese Bedeutungen verstecken sich hinter diesen einem Wort, das wir nicht anders als mit “Prassen” übersetzen wollen. Aber auch, wenn sich alle einig sind, können sie dennoch irren10. Besser ist es über den Sohn zu sagen: „und er brachte sein Erbteil durch in Haltlosigkeit“. Besser wir nennen ihn den Haltlosen Sohn als den Verlorenen Sohn. Drückt es so doch aus, dass hier ein Mensch ist, der seinen Halt im Leben verloren hat und somit das Seine nicht mehr festhalten kann.

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Der Haltlose Sohn Wordle 1