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Ein römischer Verlorener Sohn

Meine erste Glaubenskrise endete mit einem Lied und dem Römerbrief. Über Wochen hatte ich den Römerbrief Vers für Vers studiert, weil ich spürte, dass da eine Antwort zu finden war – und endlich habe ich sie gefunden: Ich bin angenommen, geliebt, gerecht, einfach so – durch den Glauben an die Erlösung durch Jesus. In einem Moment brach die Erkenntnis in einem Lied durch: Gott freut sich an seinen Kindern – an mir! Es ist nicht einfach nur OK, dass ich da bin, etwa weil da noch ein Stuhl frei ist und dann kann ich mich ja auch setzen. Gott freut sich an mir! Paulus streitet wieder und wieder in seinen Briefen, dass wir durch Glauben gerecht sind und nicht aus Werken.
Dieser Glaube hat nicht nur meine erste Glaubenskrise beendet. Er hat mich zu dem gemacht, wer ich heute bin, was mich zutiefst begeistert und was ich weitergeben will.

Was ich aber in 20 Jahren nicht verstanden habe: Wenn diese Überzeugung so wichtig ist, dass Paulus wieder und wieder darum streitet, warum erzählt Jesus nichts davon? War es so, weil Jesus die Theologie des Kreuzes und der Auferstehung nicht verkünden konnte, weil es zu seinen Erdenzeiten noch nicht geschehen war? Verkündet Paulus etwas anderes als Jesus?

Seit ein paar Jahren beschäftigt mich das Gleichnis von den Verlorenen Söhnen, vom Schaf und der Münze. Wieder und wieder lese ich diese Gleichnisse Wort für Wort und stolperte dabei über einige Unstimmigkeiten: Das Schaf wird gesucht. Die Münze wird gesucht. Aber die Söhne werden nicht gesucht. Ich entdeckte, dass wir den Jüngeren zum Prasser machen, obwohl er einfach nur als hoffnungslos beschrieben wird. Jemand sagte mir: “Das kannst Du so nicht sagen!” und war fast wütend über mich und ich fing an, das Gleichnis nochmal an zu studieren.

Irgendwann merkte ich: Jesus erzählt das Gleichnis mit der gleichen Logik von Paulus. Paulus erzählt von den offensichtlichen Sündern, bei denen jeder übereinstimmen würde, dass es Sünder sind. (Römer 1). Dass der Jüngere Sohn ein Sünder ist, der in erheblicher Weise an seinem Vater, an seinem Dorf und an sich sündigt, wird kaum jemand bestreiten. Dann aber hebt Paulus an: Wer bist Du, dass Du mit dem Finger auf Andere zeigst und Dich für etwas Besseres hältst, tust aber genau das Gleiche? (Römer 2) Das ist eine überaus treffende Beschreibung des Älteren Sohnes, der genauso verloren ist. Der Jüngere wie der Ältere wollen sich ihr Angenommensein durch ihre Arbeit verdienen. Der Ältere tut das ein Leben lang. Der Jüngere bietet seine Knechtdienste an. Aber der Vater fällt ihm ins Wort, lässt ihn nicht ausreden. Ohne irgendeine Gegenleistung wird er als Sohn angenommen. So wie Paulus das ausdrückt: Wir werden gerecht ohne unser Verdienst, alleine durch die Erlösung, die Jesus am Kreuz vollbracht hat. (Römer 3)

Das ist meine Entdeckung aus den letzten Tagen, in ein paar Worten flüchtig zusammengeschrieben. In den nächsten Tagen werde ich das in noch mehr Details beschreiben. Wirst Du es verfolgen?


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