Seite wählen


GODISNOWHERE – mit diesen wenigen Buchstaben lässt sich die ganze Katastrophe der Menschheit beschreiben: GOD IS NOWHERE. Wir haben Gott gesucht, aber wir konnten ihn nicht finden. In großen Buchstaben geschrieben, schreien diese Worte unseren Schmerz heraus. GOTT IST NICHT DA, NIRGENDS DA. Gerade jetzt in meiner Not, wo ich ihn so dringend brauche.

Aber haben wir die Worte so richtig verstanden? Stehen diese Worte nur für unseren Schmerz? Dann hätten wir etwas Wichtiges übersehen, was wir durch eine chassidische Erzählung lernen können: Ein paar Kinder spielten einmal Verstecken. War es nun, dass sich eines der Kinder zu gut versteckte oder die anderen einfach die Lust am Spiel verloren? Sie hörten einfach auf zu suchen. Als das Kind endlich herauskam und das bemerkte, weinte es bitterlich und lief zu seinem Vater, einem Rabbi. Der sagte: So geht es Gott. Er hat sich versteckt, aber wir haben ihn nicht gesucht.

GOD IS NOWHERE. Wir haben Gott eine Zeitlang gesucht und dann haben wir aufgegeben: „Ach, Gott, der ist nirgendwo. Lasst uns etwas Anderes machen.“ GODISNOWHERE beschreibt zuerst den Schmerz Gottes als einen, der in Stich gelassen worden ist.

Aber wie können wir Gott denn finden? Wir müssen aufmerksam sein. Wir können Gott in jeder Situation finden. Gleich im ersten Buchstaben seines Wortes hat uns Gott einen Stolperstein hingelegt, damit wir ihn finden können: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ Aber Viele hatten keine Chance, diesen Stolperstein zu entdecken, weil Andere ihn ausgeräumt haben und übersetzten: „AM Anfang“. Andere haben gar nicht gemerkt, dass da ein „I“ steht, und lesen einfach so darüber hinweg. Andere verzierten den Stein vielleicht und schwärmten von der Schönheit biblischer Sprache, an der sie so sehr gewohnt sind. Es heißt einfach „IM“, weil es das schon immer hieß und weil es das Vertraute ist. Andere merken vielleicht: „Aber das ist doch ein Grammatikfehler!“ Aber sie trauten sich nicht, weiter nachzufragen, weil das Wort Gottes doch kein Fehler haben kann. Schon gar nicht ganz am Anfang.

Aber was ist, wenn wir aufmerksam sind, nicht einfach besserwisserische Verbesserer des Wortes Gottes sind, es nicht einfach schönreden und uns wirklich trauen zu sagen: „Da stimmt doch was nicht!?!“ Dann haben wir die Chance, Gott zu entdecken, wo wir ihn nicht erwartet hätten. Dann lesen wir aus dem GODISNOWHERE nicht länger GOD IS NOWHERE, sondern GOD IS NOW HERE. Gott ist jetzt hier. In jedem Augenblick und eben auch in einem offensichtlich falsch gesetzten Buchstaben ganz am Anfang der Bibel.

Ich habe davon schon mal erzählt. Von meiner ersten Entdeckung, dass nicht nur der erste Buchstabe und damit das erste Wort, sondern auch das zweite Wort falsch gedeutet wird. Das ist eben der Fehler des NOWHERE. Wir verstehen etwas so, wie es uns zuerst in den Sinn kommt. Wenn wir etwas nicht verstehen, dann nehmen wir die nächstbeste Lösung und lassen Gott damit erst recht in Stich, wie den Jungen im Versteckspiel. Wir befinden uns am Anfang des Wortes Gottes, lesen eine Buchstabenfolge, die „Anfang“ bedeuten könnte, und biegen uns den Rest zurecht. An anderer Stelle zeige ich, dass diese ersten Worte auch so gedeutet werden können:

Durch die Weisheit schuf Gott Himmel und Erde. Oder: für die Weisheit, damit weise Menschen seine Gedanken erkennen.

Für sein Volk schuf Gott Himmel und Erde. Damit wir zur Herrlichkeit Gottes beides in Anspruch nehmen.

Durch und für den Messias schuf Gott Himmel und Erde. Somit ist im ersten Buchstaben ein Hinweis auf den Messias verborgen.

Wohlbedacht schuf Gott Himmel und Erde. Alles, was wir erleben, ist wohlüberlegt. Das gefällt mir am besten.

Wie man zu diesen Deutungen kommt, erzähle ich an dieser Stelle: a.springhut.de/?p=813

Heute will ich von einer anderen, neuen Entdeckung erzählen: Das Wort Gottes beginnt im Urtext mit dem zweiten Buchstaben des Alphabets. Warum beginnt es mit dem zweiten Buchstaben und nicht mit dem Ersten? Ein Rabbiner sagt*: Der zweite Buchstabe ist nach vorne hin offen, am Anfang aber abgeschlossen: . Wir dürfen diese Welt also erforschen, aber wir dürfen und können nicht darüber spekulieren, was davor gewesen ist.

Eine andere, meine Deutung wäre: Das Wort Gottes beginnt mit dem zweiten Buchstaben, um uns auf etwas aufmerksam zu machen und uns zu mahnen: Alles, was geschaffen ist, ist nur das Zweite. Das Erste ist Gott. Erst danach kommt das Geschaffene.

Für Paulus besteht darin die Ursünde des Menschen, so wie er es im Brief an die Römer beschreibt: „Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit einem Bild gleich dem eines vergänglichen Menschen und der Vögel und der vierfüßigen und der kriechenden Tiere. … sie, die Gottes Wahrheit in Lüge verkehrt und das Geschöpf verehrt und ihm gedient haben statt dem Schöpfer, der gelobt ist in Ewigkeit.“. Römer 1, 22-25.

Die Sünde des Menschen besteht nicht darin, dass ein Mensch etwas tut, was der Eine furchtbar schlimm und der Andere ein bisschen schlimm findet, worüber sich der Dritte dann umso mehr empört, dass die beiden, dass überhaupt schlimm finden, wo er sich doch wünscht, dass er dafür Anerkennung bekommt.

Die Sünde des Menschen ist, dass er vergisst, dass alles, was gemacht ist, nur das Zweite ist und sei es noch so wunderbar und wohlbedacht geschaffen. Diese Welt, die Gott gut gemacht hat? Sie ist das Zweite. Der Mensch, den Gott sehr gut gemacht hat? Der ist der Zweite. Du, der oder die Du wohlbedacht und wunderbar gemacht bist, sodass Gott sich so sehr über Dich freut? Du bist der oder die Zweite. Dein Freund/ Freundin, Mann oder Frau, die Gott Dir an die Seite gestellt hat? Sie sind die Zweiten. Deine Familie, Deine Kinder, Deine Eltern? Sie sind die Zweiten. Deine Gaben, Fähigkeiten und Stärken und alles, was Dich ausmacht? Sie sind die Zweiten. Alles, was Dir wichtig ist, was Du liebst und was Du schön findest und alles Andere, was ich jetzt noch aufzählen könnte? Sie sind die Zweiten. Die Walfische, die ich am Ende doch noch aufzählen möchte? Sie sind die Zweiten.

Diese Welt, alles, alles Schöne, Dein Partner ist für sein Volk gemacht, ist für Dich gemacht. Das alles ist Dir anvertraut, dass Du in guter Weise damit umgehst und es einsetzt. Es ist Deins bzw. unsers und wir tragen dafür Verantwortung.

Aber das Wort Gottes gibt uns gleich im ersten Buchstaben eine Mahnung mit: Wenn wir vergessen, wer der Erste ist und das Zweite zum Ersten in unserem Leben machen, dann wird unser Leben und das Leben derer, mit denen wir verbunden sind, zur Katastrophe werden.

Darin beschreibt GODISNOWHERE unsere ganze Katastrophe. Wenn wir aufhören, Gott von ganzen Herzen zu suchen, bis wir sagen können: GOD IS NOW HERE. Wenn wir vergessen, wer der Erste ist und sagen: GOD IS NOWHERE. Wenn wir uns bewusst machen, dass jeder und jedes Einzelne das Zweite ist, dann ist jeder und jedes Einzelne ein Hinweis auf Gott. Denn wo es ein Zweites gibt, da muss es auch einen Ersten geben.


* „Rabbi Jonah taught in the name of Rabbi Levi that the world was created with a letter bet (the first letter in Genesis 1:1, which begins בְּרֵאשִׁית, בָּרָא אֱלֹהִים, bereishit bara Elohim, “In the beginning God created”), because just as the letter bet is closed at the sides but open in front, so one is not permitted to investigate what is above and what is below, what is before and what is behind“ http://en.wikipedia.org/wiki/Bereshit_%28parsha%29