Kritische Blicke
Eine Frühstücksrunde mit Freunden und Bekannten. Selbstgemachte Wurst, Honig und Marmelade stehen auf dem Tisch. An den Wänden hängen lauter afrikanische Sachen, darunter ein Foto eines schwarzen Jungen, der durch ein Felsloch schaut.
Wir essen, erzählen, lachen. Reden über den Honig, die Wurst und die Marmelade. „Mein Papa freut sich immer, wenn seine Wurst gelobt wird.“, sagt die Eine. Wie gut tut es einem, wenn man ein Lob erhält. Manchmal – nicht in dieser Runde – ist jemand aber auch mäkelig: „Ach, nee, die Wurst, das ist nichts. Viel zu fett und überhaupt zuviel gewürzt.“ Wie fühlte sich der Wurstmacher, säße er dann er mit in der Runde?
Oder das Bild dieses afrikanischen Jungen. Wunderschön getroffen, wie das Licht auf sein Gesicht scheint im Kontrast zum Dunkel der Felsenhöhle. Die Bewohnerin hat es selbst selbstgemacht und bestimmt ist es eines ihrer Lieblingsbilder. Wie fühlte sie sich, würde man jetzt an Belichtung oder Bildausschnitt herummäkeln?
Gegenüber Menschen sind wir oft noch höflich genug, unsere Kritik ihnen nicht direkt ins Gesicht zu sagen. Wir wissen, ahnen, wie wichtig dem Gegenüber diese Sache ist, die er selbst gemacht hat und wie sehr es ihn verletzte.
Aber wenn wir uns selbst anschauen, dann mäkeln wir an uns selbst herum: Wir sind zu dick, zu dünn, zu groß, zu klein. Die Haare sind zu dünn und überhaupt die Nase! Wir gehen mit uns ins Gericht, weil wir bestimmte Dinge nicht hinbekommen, schimpfen uns selbst als Versager. Dumm seien wir und vieles mehr. Die schärfsten Kritiker sind oftmals wir selbst.
Und viel zu häufig fühlen wir uns dann noch richtig gut dabei, uns klein zu machen. Geleitet von einer sogenannten christlichen Theologie denken wir, dass wir umso demütiger und gottesfürchtiger sind, je kleiner wir uns machen.
Und während wir unser Lied abspielen wie eine kaputte Schallplatte, die sich immer wieder wiederholt, da steht der neben uns, der uns gemacht hat. Unser Schöpfer. Der, der unsere Nieren bereitet hat und uns im Mutterleib gebildet hat. Der, dessen erste Gedanke über uns war: „Sehr gut!“. Der, der uns je und je geliebt hat. Der, dessen Sinn für Schönheit in jedem Baum und jedem Sonnenuntergang offensichtlich wird. Dem sagen wir in einer Tour, wie dumm, hässlich und/ oder minderwertig wir seien. Wie fühlt sich der Schöpfer, wenn er das alles anhören muß?
Wir haben einen Gott, der ein Lieblingstier hat, mit dem er spielt, herumtobt und um die Wette schwimmt. Und weil ein Polizeiauto ohne ein Blaulicht kein richtiges Spielzeug ist, hat er dem Wal noch so eine lustige Fontäne drangemacht, die von Zeit zu Zeit emporschiesst.
Wir haben einen Gott, der diese Welt so sehr liebte, der Dich so sehr liebte, dass er im Garten Gethsemane Blut und Wasser für Dich schwitzte und den Tod am Kreuz für Dich erlitt.
Wir haben einen Gott, der sich als Tempel keine Prachtbauten aus Stein, Diamant und Gold für sich erwählte, sondern unseren Leib.
So sollten wir nun anfangen, unser Denken zu verändern. Wir sollten uns aufmachen, die Gedankenfestungen, die festen Überzeugungen in uns zu stürmen und in uns zu überwinden, die uns gemäß dem Zeitgeist dieser Welt weismachen wollen, dass wir zu dick, dumm, hässlich oder was auch immer sind.
„Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe. Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke.“ Psalm 139, 13+14
„Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Genesis 1, 31
„Und Gott schuf große Walfische und alles Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser wimmelt, ein jedes nach seiner Art, und alle gefiederten Vögel, einen jeden nach seiner Art.“ Genesis 1, 21
„Da ist das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt’s ohne Zahl, große und kleine Tiere. Dort ziehen Schiffe dahin; da sind große Fische, die du gemacht hast, damit zu spielen.“ Psalm 104, 25+26 (Im Englischen: to play / to sport / to frolic (umhertoben)
„Und er rang mit dem Tode und betete heftiger. Und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen.“ Lukas 22, 44
„Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“ Römer 12, 2 / 2. Korinther 10, 4+5
„Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ 1. Korinther 3, 16
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