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Meine Lieblingstiere sind neuerdings Zebras.

Mich fasziniert bei ihnen vor allem eine Sache: Greift ein Löwe ein Zebra in der Steppe an und ist es zum Weglaufen zu spät, dann tritt die ganze Herde in Aktion. Die Zebras stellen sich dicht zusammen. Durch die schillernden Streifen kann der Löwe kein einzelnes Tier mehr erkennen. Aus ist es mit dem Mittagessen – kein Zebragulasch für den Löwen. Deswegen schleicht er um die Herde und grummelt in seine Mähne „Blöde Herde!“

Ok, gut, das Letzte steht wahrscheinlich in keinem Tierlexikon. Aber man kann es sich ganz gut vorstellen, oder?

Wer wünscht sich das nicht?
Eine Herde, die sich zu einem stellt, wenn man den Löwen brüllen hört? Wenn man sich alleine fühlt?
Eine Gruppe, die nicht mit dem Finger auf mich zeigt, sondern sich vor mich stellt, wenn mich Vorwürfe angreifen?
Eine Gemeinschaft, die mir nicht in den Rücken fällt, sondern sich hinter mich stellt, wenn mir der Rückhalt fehlt?
Wie findet man so eine Herde?

Eine Herde zu suchen, wenn der Löwe schon brüllt, ist etwas spät.
Das Steppenzebra ist die häufigste Zebra- Art. Es sind Herdentiere. Sie sind sehr gesellig und bleiben fast ihr ganzes Leben lang als Herde zusammen. Jedes Zebra ist mal das Kleinste, schwach oder im Fokus des Löwen. Und jeder ist mal ein Teil der Herde, die sich um das einzelne Zebra stellen.
Es geht nicht darum, wie man eine Herde findet, sondern wie man ein Teil einer Herde sein kann.

Ich bin sehr froh über meine blöde Herde. Meine Freunde, meine Familie, Leute, auf die ich mich verlassen kann. Sie wächst, meine blöde Herde. Dazu gehören kleine, schnelle Zebras, große schwache Zebras und traurige, mutige, kranke, herzliche Zebras.
Ich freue mich nicht, wenn der Löwe brüllt, aber wenn es soweit ist, dann bin ich wirklich froh über meine blöde Herde!

Gastbeitrag von Melanie Möllenbruck.
Gründerin und Leiterin von KRASS Krefeld.