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Hiob war ein reicher Mann. Er war durch und durch gesegnet mit allem, was einen Menschen glücklich machen kann auf Erden: Eine große Familie, Wohlstand und Ansehen. Hiob war jemand, der sagen konnte: Mir mangelt es an nichts oder wie es im Englischen heißt: Er war wunschlos glücklich. Nun macht Reichtum alleine nicht glücklich und schon gar nicht wunschlos – ganz im Gegenteil. Doch Hiob lebte in dem tiefen Bewusstsein, dass alles, was er hatte, Geschenk, ein Segen Gottes war. Als reicher Mensch und wohl so etwas wie ein Großgrundbesitzer, wenn nicht sogar ein König, wusste er sich geborgen in einer höheren Autorität, der er rechenschaftspflichtig war: Er war zwar ein Herr, aber da ist ein anderer, der sein Herr, sein Hirte war. Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

Jedem Tag, den er erlebte, war ein Tag voller Freude. Die Zeit, die er mit seiner Familie verbrachte und die Stunden, in denen er seinen Besitz verwaltete. Die waren wie ein Flow, wie ein Strom von Glück, der seine Seele stärkte und ihn erfüllte. Er erlebte, dass das, was er anpackte, gelang und immer wieder hatte er neue Ideen, wie er seinen Wohlstand und damit auch den seiner Umgebung mehren konnte. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele.

Er war ein rechtschaffener Mann, der Gott dient, nicht allein, weil er musste, sondern weil er wußte, dass er in Gott zutiefst verwurzelt war. Und doch kannte er Gott nicht wirklich. Er redete von Gott wie von einem Fremden in der dritten Person. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

Und dann kam jener Moment, an dem sein Leben zu zerbrechen drohte. Er wanderte durch das finstere Tal und verlor beinahe alles, seine Kinder, seinen Besitz und seine Gesundheit. Nur er selbst, also auch seine Frau, blieb verschont. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;

Doch es war genau dieser erdrückende Moment, der ihn verwandelte. Aus dem fremden, fernen Gott wurde jemand, ein Gegenüber, das ihm sehr nahe war. Das „Er“ verwandelte sich zum „Du“. Den Gott, den Hiob bisher nur vom Hörensagen kannte, den sah er nun von Angesicht zu Angesicht. Und auch wenn er das lange nicht in Worte fassen und auch nicht begreifen konnte, erlebte er eine tiefe Geborgenheit, auch wenn sich Unglück an Unglück in seinem Leben reihte. Weil ihm die Worte und auch die Erklärungen fehlten, bekam er seine Freunde so lange auch nicht zum Schweigen. Er konnte nur sagen: Aber ich erlebe doch, dass Gott bei mir ist, dass er mich nicht verlassen hat! denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

Und obwohl sich das Böse gegen ihn verschworen hat, war es gerade das Böse, das zusehen musste, wie er unbescholten die Finsternis überstand und einen größeren, überfließenden Segen erlebte. Wie sich sein Wohlstand und sein Ansehen geradezu verdoppelt hatten. Wie sein Tisch nicht nur reich gedeckt wurde, sondern sich füllte mit Freunden und Verwandten, Menschen, die es gut mit ihm meinten. Wie das Leben Hiobs in einem Überfluss endete und wie Hiob in guten wie auch in bösen Tagen in Gott geborgen war. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.