Vor einigen Tagen wurde ich von einer alten Weggefährtin nach einem Personal Trainer gefragt, den sie gerade gefunden hatten: Ob es gut wäre, sich mit dem zu beschäftigen.
Die Antwort wäre einfach geworden, wenn ich einfach gesagt hätte: Dieser Mensch scheint kein Christ zu sein und vertritt keine christliche Lehren. Aber zugegeben war keine seiner Aussagen auf der Website wirklich falsch. Sie hörten sich alle recht gut an, auch wenn ich nicht in allem voll übereinstimmen würde.
Was ist dann daran falsch?
Alles, was dieser Mensch erzählte, waren gute Prinzipien, die zu einem Teil auch ihrem Ursprung in der Bibel haben könnten. Da ist nichts Falsches dran. Es ist gut, sich gute Lebensprinzipien anzueignen. Die Bibel ist voll davon und darüber hinaus hat der christliche Glauben kein Monopol darauf. Es gibt so einige Menschen und Weltanschauungen, die etwas vom Leben verstanden haben und es als Prinzipien formulieren konnten. Abgesehen davon, dass der christliche Glauben vielleicht gerade sogar in diesem Bereich mehr ein Erbe jüdischen Glaubens als ein Neuschöpfer ist.
Und dennoch ist etwas falsch daran: Während ich mit der Weggefährtin darüber sprach, konnte ich es in Worte fassen: Wenn ich versuche, nach (hoffentlich) guten Prinzipien zu leben, dann werde ich den Erfolg und die Wirkung dieser Prinzipien spüren. Je mehr ich ein Prinzip anwende, desto erfolgreicher wird mein Leben sein. Deswegen gibt es solche Personal Trainer, die vermutlich selbst erfolgreich sind, und ihr Wissen und ihre Weisheit mit anderen teilen wollen – und manchmal gut daran verdienen. Aber auch das ist legitim.
Es ist zunächst nichts Falsches daran, die Prinzipien des Lebens zu verstehen und sie anzuwenden. Vermutlich wird Dein Leben dadurch erfolgreicher sein. Ich selbst – wir selbst bei Pais versuchen, diese Prinzipien zu verstehen und auf unser Leben und auf Pais anzuwenden und in vielen Bereichen können wir sagen: Es funktioniert. (In anderen Bereichen haben wir die Prinzipien noch nicht voll umgesetzt.)
Dennoch ist etwas fundamental Falsches daran. Nehmen wir ein konkretes Prinzip, um es zu verstehen: Wenn ich Freunde haben will, dann muss ich aufhören, andere auf mich aufmerksam zu machen, und anfangen, mich für andere zu interessieren.
An dieser Aussage ist zunächst kein Fehler dran. Das Problem an Prinzipien ist, dass sie unerbittlich gelten. Wenn ich anfange nach diesem Prinzip zu leben, dann kann ich mir nicht aussuchen, wann ich nach diesem Prinzip lebe und wann ich nicht nach diesem Prinzip lebe. Sie gelten dann immer, ob ich sie in einer spezifischen Situation gut finde oder nicht, ob ich zu leisten zu vermag oder nicht. Zum menschlichen Leben gehört allerdings, dass es Zeiten gibt, an denen wir mit unserer Kraft am Ende sind. Wir können es dann nicht mehr leisten, was ein Prinzip von uns fordert. Das Prinzip wendet sich dann gegen uns.
In Zeiten von Krisen, in Zeiten des Leides, von Krankheiten und Schmerzen verengt sich der Fokus eines Menschen immer mehr auf sich selbst. Am deutlichsten kann man das in einer Depression sehen. Am Ende dreht sich alles nur noch um einen selbst. Wenn ich nach dem Freunde-Prinzip lebe, dann sind Krisen die Zeit, wo ich mehr für mich und um mich herum lebe. Ich interessiere mich tatsächlich weniger für meine Mitmenschen – und tatsächlich wird es einsamer um mich herum. Und ja, ich könnte mein Schicksal sofort ändern, wenn ich mich nicht so sehr in den Mittelpunkt stelle, aber das gelingt mir einfach nicht. Ich kann es nicht leisten.
Die Frage bei Prinzipien ist also: Was muss ich dafür leisten, um sie in meinem Leben anzuwenden? Welche Stärken und Fähigkeiten brauche ich dafür? Kann ich sie nur bei ruhiger See anwenden oder gelingt es mir auch dann, wenn mein Leben richtig stürmisch ist? Kann ich die Anforderungen wirklich leisten oder muss ich irgendwann feststellen: Sie wenden sich gegen mich.
Die Prinzipien sind wie alles, was Gott geschaffen hat, wunderschön. Gott ist für die Prinzipien keine Frage, und wenn wir sie anwenden, dann wird unser Leben erfolgreich sein.
Dennoch dürfen wir uns von ihrer Schönheit und ihrem Erfolg nicht blenden lassen. Es ist einer, der höher ist, so viel höher ist als alle Prinzipien. Da ist einer, auf den wir unsere Hoffnung richten können in guten wie in schlechten Zeiten. Da ist einer, der unser Leben segnet, auch wenn wir zeitweise kaum die Luft zum Atmen haben: Jesus.
Er hat uns gerecht gemacht, nicht weil wir bestimmte Prinzipien in unserem Leben angewandt haben – sondern weil er gerade unser Versagen auf seine Schultern genommen hat. Seine Erlösung gilt auch dann, wenn wir sogar bewusst gegen Prinzipien verstoßen.
Was ist falsch daran? Wenn ich versuche, gute Prinzipien in meinem Leben anzuwenden, dann bin ich unerbittlich dazu verpflichtet, ob ich sie zu leisten vermag oder nicht. Wenn ich gute Prinzipien in meinem Leben anwenden will, dann geht es immer um mich und um das, was ich tue. Für immer gesegnet und gesund wird unser Leben dann, wenn wir unsere Hoffnung auf einen Anderen setzen, auf Jesus. Er hat all die guten Prinzipien erfüllt.