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Gott sprach:
Leuchten seien am Gewölb des Himmels, zwischen dem Tag und der Nacht zu scheiden,
daß sie werden zu Zeichen, so für Gezeiten so für Tage und Jahre,
und seien Leuchten am Gewölb des Himmels, über die Erde zu leuchten!
Es ward so.
Gott machte die zwei großen Leuchten,
die größre Leuchte zur Waltung des Tages und die kleinre Leuchte zur Waltung der Nacht,
und die Sterne.
Gott gab sie ans Gewölb des Himmels,
über die Erde zu leuchten, des Tags und der Nacht zu walten,
zu scheiden zwischen dem Licht und der Finsternis.
Gott sah, daß es gut ist.
Abend ward und Morgen war: vierter Tag.
Martin Buber: Im Anfang
Die Musik kommt in die Natur. Der Rhythmus. Der Wechsel zwischen Tag und Nacht. Der Wechsel zwischen Wachen und Schlafen. Die Folge von Blühen, Wachsen und Vergehen.
Eine Welt, in der jeder Tag gleich ist, ist gleichsam öde. Es braucht den Wechsel von Anspannung, Aktivität und Entspannung, Pause.
Erst ab jetzt macht es auch Sinn von Zeit zu reden, so wie wir sie wahrnehmen und verstehen können: Als Abschnitte, Tage, Jahreszeiten und Jahre. Wir können nicht einmal ausdrücken, wie lang die ersten drei Tage der Schöpfung waren.
Diejenigen, die so sehr darauf beharren, dass die Genesis von der babylonischen Umwelt beeinflusst worden ist, haben oft nicht die gleiche Ausdauer zu sagen, was für ein Kontrastprogramm die Genesis zu dieser ist. Was für eine Auseinandersetzung, was für eine Leistung steckt dahinter, die Genesis zu formulieren!
Einige sagen, dass diese Verse Spottverse sind: Sonne und Mond, die Götter der Umwelt, werden zu Leuchten, ja zu Funzeln degradiert.(1)
Das trifft den Punkt allerdings nicht ganz genau. Denn wenn die Autoren der Genesis in Gallien gelebt hätten, dann hätten sie Angst gehabt, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt.
Sonne, Mond und Sterne waren zu der Zeit Mächte und Gewalten. Götter. Das waren keine Dinge, über die man mal eben so nachdenken konnte. Weil jeder Gedanke mit der Furcht verbunden war, dass diese Götter strafen würden.
Die Sonne war die Gewalt, die über das Leben der Menschen herrschte. Sie brachte mit ihrer Wärme und dem Licht das Leben hervor, aber sie versengte es auch mit Dürre und Hungersnot. Die Götter waren wütend und mussten mit Opfern besänftigt werden.
Was für ein Schritt ist es, diesen Göttern ihre Macht zu nehmen und sie zu Sachen zu machen? Aus Göttern sind Uhren geworden. The Gods aren´t angry. Sie sind überhaupt nicht mehr.(2)
Die Genesis ist so ein Text der Aufklärung, der Enttäuschung, der Aufdeckung. Es ist ein Text der Revolution. Denn indem sie an der Macht der kratzen, kratzen sie auch an der Macht der Könige, die sich ihre Macht angeeignet haben.
Während in den vorherigen Versen nur untergeordnete Götter und Geister enttarnt worden sind, indem sie zu Elementen erklärt worden sind, geht es nun ums Ganze. Diese Verse 14-19 sind das eigentliche Glaubensbekenntnis: Es gibt nur einen Gott. Alles andere sind nur Leuchten.
Damit und erst damit sind naturwissenschaftliches Denken und unsere Moderne möglich geworden. Diese Verse sind naturwissenschaftliches Denken. Es wird die Natur von Sonne, Mond und Sterne beschrieben. Es wird fein beobachtet, was für ein Zweck diese Leuchten haben und was sie bewirken.(3)
Die biblischen Autoren sind meine Helden. Als Gefangene, als Sklaven in Babylon haben sie es geschafft, die Lügen ihrer Zeit zu durchschauen und ein Gegenprogramm aufzustellen und bis heute durchzuhalten.
Haben wir die Kraft die Götter unserer Welt in Frage zu stellen? Haben wir den Mut, die Fragen zu stellen, die man nicht fragen darf? Das, was man heute so denkt, unser Zeitgeist ist so eine gewaltige Macht. Sind wir die Helden, die ein Gegenprogramm dazu aufstellen? Oder fürchten wir uns, dass uns dann der Himmel auf den Kopf fällt, dass wir uns den Zorn des Zeitgeistes zuziehen?
Oder dienen wir dem Zeitgeist mit Furcht und versuchen ihn mit Opfern zu besänftigen?
Nur ein Beispiel: Jedes Jahr werden in Deutschland 100.000 Kinder getötet und nur wenige schreien auf.
(1) Rob Bell: The Gods aren´t angry
(2) Hermann Gunkel: Genesis, S. 109
http://books.google.de/books?id=_YSYvKbSheQC&printsec=frontcover(3) Wenn die Bibel einsetzt und erklärt, Gott habe Himmel und Erde gemacht, dann ist das vor diesem Hintergrund tatsächlich eine Revolution: Sonne, Mond und Sterne sind keine eigenen Gottheiten mehr, die sich gegenseitig bekriegen können. Sie sind degradiert zu Funzeln am Firmament, die auf Gottes Geheiß dem Menschen zu leuchten haben.
http://www.evangelisch.de/themen/religion/die-bibel-geschenkt-6-was-man-wirklich-wissen-muss15447