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Gott sprach:
Das Wasser wimmle, ein Wimmeln lebender Wesen,
und Vogelflug fliege über der Erde
vorüber dem Antlitz des Himmelgewölbs!
Gott schuf die großen Ungetüme
und alle lebenden regen Wesen, von denen das Wasser wimmelt,
nach ihren Arten,
und allen befittichten Vogel nach seiner Art.
Gott sah, daß es gut ist.
Gott segnete sie, sprechend:
Fruchtet und mehret euch und füllt das Wasser in den Meeren,
und der Vogel mehre sich auf Erden!
Abend ward und Morgen ward: fünfter Tag.
Martin Buber: Im Anfang

Vor meinen Augen wimmelt die Schöpfung nun wie ein riesiges Wimmelbild. Vollgestopft bis zum Rand. Kein weißer Fleck zu sehen. Was für eine Fülle und was für eine Vielfalt!

Und wie in einem Wimmelbild kann man hineinzoomen und entdeckt wieder und wieder Details, die man noch nicht gesehen hat. Es sprießt und wimmelt und fliegt oder flattert. Ein Sammelsurium und Kuriosum.

Man sagt, dass Gott die Welt durch sein Wort geschaffen hat. Wenn man jedoch genau liest, dann sieht man, dass das nicht ganz genau stimmt. Dann findet man an fast jedem Tag der Schöpfung einen Dreiklang oder einen Mehrklang:

Gott sprach. Er hatte eine Vision und einen Plan, was er machen wollte.

Gott führte den Plan aus.

Gott reflektierte sein Werk: Es war gut.

Gott, der Schöpfer und Herr des Universums hat eine Arbeitsweise!

Wie gehst Du Deinen Arbeitstag an? Du kannst lernen von dem, der den ganz großen Job erledigt hat und diese Welt geschaffen hat.

Habe eine Vorstellung, eine Vision von dem, was Du (heute) erreichen willst. Male es Dir aus und mache Dir einen Plan. Beschreibe, was Du (heute) tun wirst. Sprich‘ es laut aus.

Mache Dich ans Werk und tue es!

Halte Rückblick und reflektiere, was Du (heute) getan hast. Wo ist Dir etwas besonders gut gelungen? Was hast Du geschafft oder besser gesagt geschaffen?

In diesem Dreiklang ist das Geheimnis des Glücks, der Flow versteckt.(1) Darüber werde ich anderer Stelle mehr schreiben.

An diesem Tag der Schöpfung geschieht allerdings wieder etwas Neues. Aus dem Dreiklang wird ein Vierklang. Ein Segen, ein Auftrag wird hinzugefügt.

Die Autoren der Genesis haben ein feines, wissenschaftliches Gespür für die Natur der Dinge. Sie beschreiben das unterschiedliche Wesen von Pflanzen und Tieren.

Pflanzen sind vor dem Rhythmus von Tagen und Jahreszeiten geschaffen. Sie brauchen diese Rhythmen nicht wirklich. Anders die Tiere und der Mensch. Sie leben in diesem Rhythmus von Wachen und Schlafen, Essen und Verdauen, Wachsen und Vergehen.

Die Erde bringt die Pflanzen hervor. Die Tiere werden direkt von Gott geschaffen und sie haben ein Auftrag: Sie sollen sich mehren und die Erde füllen. Mir ist klar, dass das keine biologisch richtige Beschreibung ist, aber spürst Du, wie hier ein Wesensunterschied von Tieren und Pflanzen deutlich gemacht wird?

Ein Detail noch, das nur bei der Lutherbibel funktioniert:(2) Gott hat die Wale geschaffen! Man muss sich vorstellen, dass Gott ein ganzes Wunderwerk der Schöpfung vollbracht hat: norwegische Fjorde, endlose Weiten, paradiesische Landschaften, Massen an Tieren und Vögeln und plötzlich schreit er auf und lenkt den Blick auf ein Detail: Siehst Du, was ich geschaffen habe? Wie ein Kind, das voller Stolz sein selbstgezeichnetes Bild seinen Eltern zeigt.

Gott steht seiner Schöpfung nicht neutral oder gar ablehnend missmutig gegenüber. Er freut sich an ihr. Er freut sich an Dir!

Und vielleicht ist er da wie ein kleines Kind. Vielleicht geht es darum, ihm zu sagen: Das hast Du gemacht! Oder mehr noch: Du hast mich gut gemacht! Vielleicht können wir stolz sein auf unseren Gott, der alles mit so viel Liebe und Weisheit geschaffen hat. Unser Vater!

(1) Mihaly Csikszentmihalyi: Flow. Das Geheimnis des Glücks
http://de.wikipedia.org/wiki/Flow_%28Psychologie%29

(2) Es wird sich soviel gestritten um die richtige Bibelübersetzung. Aber ein simples Wort bekommen die schon nicht richtig hin. Luther sagt „Walfische“, Elberfelder „große Fische“. Rabbiner sprechen von „sea-monsters“(3) und Buber von „großen Ungetümen“.

Bubers Übersetzung, die ich für meine Gedanken zur Genesis benutze, bildet die Worte und Sätze dem Hebräischen nach. Er benutzt immer dasselbe Wort und er bildet neue Worte, wenn es das Wort im Deutschen noch nicht gibt. Etwa wenn Nomen und Verb im Hebräischen aus der gleichen Wurzel gebildet werden, aber es ein entsprechendes Verb im Deutschen nicht gibt. Ein Lampe lampt dann und leuchtet nicht.

(3) http://en.wikipedia.org/wiki/Bereishit_%28parsha%29